about (II) - Aktien existieren nicht im luftleeren Raum

   

 Aktiensafari

about (II)

Aktien existieren nicht im luftleeren Raum

Laut dem Altmeister Warren Buffett soll man Aktien genau dann kaufen, wenn alle anderen ängstlich sind. In der Regel sind Emotionen an der Börse keine guten Ratgeber. Geleitet von FOMO (Fear of missing out, also der Angst, etwas zu verpassen), die in beide Richtungen existiert, haben Anleger schon die ungünstigsten Entscheidungen getroffen:
Anleger entscheiden sich aus Angst eines Abschwungs dafür, Aktien abzustoßen, um feststellen zu müssen, dass sie später höher standen als zum Zeitpunkt ihres Verkaufs;
Anleger hören auf die Empfehlungen von vermeintlichen Experten gehört und schließen sich zu später Stunde noch einem Trend an
, der im Begriff ist zu kippen (oder nur durch die schiere Masse der Marktschreier überhaupt zu einem Trend wird);
Anleger schichten auf der Suche nach dem nächsten "big thing" andauernd das Portfolio um und werfen die eigene Strategie wieder und wieder über den Haufen;
Anleger verlieren aufgrund von Gier und der Hoffnung auf eine Abkürzung auf dem Weg zum Reichtum mit Hebelprodukten, CFDs und anderen riskanten Spielarten Geld; ... diese Liste ließe sich problemlos verlängern. 

An der Börse gilt deshalb als Faustregel, die Emotionen so gut es geht außen vor zu lassen und Entscheidungen auf Grundlage von Fakten und Zahlen möglichst objektiv zu treffen. Doch wenn es einen Punkt gibt, an dem man gierig sein und seinen Impulsen ein Stück weit nachgeben darf, dann ist es genau dann, wenn alle Leute in Panik ihre Anteile abstoßen, den Kopf in den Sand stecken und aufgrund der jeden Tag negativer werdenden News konsterniert auf das Ende der Welt warten.

Wie bereits angesprochen, verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage in diesem Jahr zusehends. Derzeit herrscht in der Branche wenig Optimismus vor. Die meisten Ökonomen und Wirtschaftsexperten, die sich in diese Richtung äußern, sind sich sicher: Die fetten Jahre sind erst einmal vorbei. Je mehr Liquidität den Märkten entzogen wird und je stärker die Anleiherenditen und Zinsen steigen, desto rarer wird ein Umfeld, in dem dauerhaft steigende Aktienkurse möglich sind. Das setzt vielen Anlegern natürlich zu. Kürzlich entdeckte ich eine ernüchternde Statistik von JPMorgan, die zeigt, dass Kleinanleger ihre Aktien, die sie während der letzten zwei Jahre erworben haben, mittlerweile wieder komplett verkauft haben. Ich selbst sitze nach wie vor auf all meinen Anteilen und warte, ganz nach dem Credo von Tim Schäfer, dass sie reifen wie guter Schinken. 

In Gesprächen mit Freunden, Bekannten und in den Kommentarspalten von Social Media stach mir ein Aspekt besonders ins Auge. Aussagen wie "Ich habe neulich Betrag X in Aktie Y gesteckt. Wenn ich Pech habe ist das Geld weg, aber wenn sie sich verzwanzigfacht, kann ich schon bald so und so viel gewinnen", oder "Bei den kleinen Beträgen, die ich reinstecke, brauche ich ewig bis sich das rentiert, deshalb versuche ich, ein bisschen schneller Gewinne zu machen und nutze deshalb Hebel und Short-Positionen" sind natürlich nicht verboten. Aber sie lassen Rückschlüsse auf die innere Einstellung zu und verraten viel darüber, wie die Person zum Aktienmarkt steht. Diese Einstellung, die ich euphemistisch als abenteuerlustig bezeichnen würde, hat mit Investieren im eigentlichen Sinne wenig zu tun. Wer sein Geld auf diese Weise zu vermehren versucht oder den Adrenalinkick, den Verlustängste und Siegeshoffnung mit sich bringen, nicht im Casino, sondern an den Finanzmärkten auslebt, kann das natürlich machen. 

Der erfolgreiche ungarische Aktienspekulant André Kostolany

André Kostolany meinte schon vor Jahrzehnten: "Ich kann Ihnen nicht sagen, wie man schnell reich wird. Ich kann Ihnen aber sagen, wie man schnell arm wird. Und zwar, indem man versucht, schnell reich zu werden." An diesem Grundsatz hat sich seitdem nichts geändert. 

Viele Leute, die in den letzten Jahren auf den Börsenhype aufgesprungen sind, scheinen eine entscheidende Sache zu vergessen. Aktien sind Unternehmensanteile. Mit einer Aktie kauft man sich ein kleines Stück an einem real existierenden Unternehmen mit einem dahinterstehenden operativen Geschäft. Was eine Aktie jedoch nicht ist, ist ein Los für eine Tombola oder ein Ticket für ein Pferderennen, das mit Kursen anstelle von Tieren bestritten wird. Zu sehr wird sich auf das tägliche Auf und Ab des Aktienkurses fixiert, anstatt den Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung des anteiligen Unternehmens zu richten. Ob also der Kurs der Aktie X am Dienstag bei 79, am Mittwoch bei 81 und am Donnerstag 78 Euro steht, kann dem Anleger im Prinzip egal sein. Außer er möchte Anteile erwerben - dann aber hoffentlich deshalb, weil das dahinter stehende Unternehmen ein erfolgversprechendes Geschäftsmodell aufweist, Werte schafft und/oder Güter produziert, die gebraucht werden. Wenn nicht, sollte das Vorhaben grundsätzlich überdacht werden, denn ohne positive Umsätze, Gewinne und Cashflows gibt es kein Fundament, das einen Anstieg des Aktienkurses rechtfertigt - zumindest nicht auf nachhaltiger Basis.  


Fortsetzung folgt hier: about (III)


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